August 10, 2023
Die Bedeutung von Nachhaltigkeit in der Immobilienwirtschaft hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Der Klimawandel und die Notwendigkeit, Ressourcen schonend einzusetzen, zwingen die Branche dazu, ihren Fokus auf nachhaltige Praktiken zu lenken. Der enorme ökologische Fußabdruck des Gebäudesektors verpflichtet nicht nur moralisch zum Handeln. Auch regulatorische Faktoren erhöhen den Druck.
Um den Vereinbarungen der UN-Agenda 2030 und dem Pariser Klimaschutzübereinkommen gerecht zu werden, hat sich die Europäische Union im „European Green Deal“ zum Ziel gesetzt:
Mit dem Europäischen Klimagesetz wird die Verwirklichung dieser Ziele zu einer rechtlichen Verpflichtung. Dem Gebäudesektor kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Denn um die Klimaziele einzuhalten, müssen laut Klimagesetz alle neu errichteten Objekte bis 2030 CO2-neutral sein. Ab 2050 gilt dies für den gesamten Bestand. 2021 hat auch Deutschland sein Bundes-Klimaschutzgesetz nochmals verschärft und das Endziel der Netto-Treibhausgasneutralität von 2050 auf 2045 vorgezogen.
Um sicherzustellen, dass die Maßnahmen der EU-Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Europäischen Klimagesetz stehen, enthält das Paket „Fit for 55“ eine Reihe von Vorschlägen zur Überarbeitung und Aktualisierung einzelner EU-Rechtsvorschriften.
Darunter fällt auch die europäische Gebäuderichtlinie (EPBD), welche unmittelbar im deutschen Gebäudeenergiegesetz (GEG) umgesetzt ist. Mit der im März 2024 novellierten Richtlinie sollen Nullemissionsgebäude bis 2030 zum Standard für Neubauten werden. Für Behörden und andere öffentliche Einrichtungen gilt dieses Ziel bereits ab 2028.
Neben Wohngebäuden sieht die novellierte Richtlinie auch für Nichtwohngebäude schrittweise Verbesserungen durch Mindeststandards für die Gesamtenergieeffizienz (MEPS) vor. Gemäß dem „worst first“ Prinzip müssen bis 2030 die 16 % der bestehenden Nichtwohngebäude mit der schlechtesten Klimabilanz vorrangig saniert werden. Darüber hinaus müssen die Mitgliedstaaten konkrete Maßnahmen entwickeln, um bis 2040 vollständig aus der Nutzung fossiler Brennstoffe zur Heizung und Kühlung ihrer Gebäude auszusteigen.
Nichtwohngebäude ab einer Heiz- bzw. Kühlleistung von mehr als 290 Kilowatt müssen laut EPBD bis Ende 2024 außerdem mit einem Gebäudeautomations- und Steuerungssystem ausgestattet werden, das bestimmten Mindestanforderungen an die Datenverfügbarkeit sowie die Verbrauchsüberwachung und -optimierung erfüllt.
Mit der Novelle des GEG vom Januar 2024 wurde diese Verpflichtung in Deutschland bereits in nationales Recht umgesetzt. Ab 2030 schreibt die ebenfalls im Jahr 2024 novellierte EPBD sie bereits ab einer Nennleistung von mehr als 70 Kilowatt vor. Die Vorgabe muss von den Mitgliedsstaaten innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden.
Die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED) ist ebenso wie die Energieeffizienzrichtlinie (EED) und die Gebäuderichtlinie (EPBD) Teil des europäischen Großprojektes „Fit for 55“. Sie hebt das verbindliche Ziel für den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch der EU von bisher 32 auf 42,5 % im Jahr 2030 an. Darüber hinaus haben sich die Staaten auf ein unverbindliches Ziel von 45 % erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch im Gebäudesektor geeinigt.
In Deutschland wird die RED im Gesetz für den Ausbau Erneuerbarer Energien, auch Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) genannt, umgesetzt. Das EEG 2023 gilt als „größte energiepolitische Gesetzesnovelle seit Jahrzehnten“ und legt fest, dass der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch bis 2030 auf mindestens 80 % steigen soll.
Die Energieeffizienzrichtlinie (EED) ist ebenso wie die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED) und die Gebäuderichtlinie (EPBD) Bestandteil des europäischen Maßnahmenpakets „Fit for 55“ und greift ebenfalls zentrale Aspekte des Gebäudebereichs auf. Das Mittel: Moderne Messtechnik und mehr Transparenz über die Verbräuche, um gezielt Energie einzusparen und den CO2-Ausstoß zu senken. Die EED muss in allen Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden.
In Deutschland geschieht dies durch das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) als sektorübergreifender Rahmen für Energieeinsparungen. Das Gesetz legt derzeit Energieeffizienzziele für Primär- und Endenergie für das Jahr 2030 fest. Für Unternehmen mit einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von mehr als 7,5 GWh in den letzten drei abgeschlossenen Kalenderjahren sind verpflichtet, ein Energiemanagementsystem nach DIN EN ISO50001 oder ein Umweltmanagementsystem nach EMAS (Eco Management and Audit Scheme) einzuführen.
Die Taxonomieverordnung ist, ebenso wie die Offenlegungsverordnung (SFDR), Herzstück des europäischen Aktionsplans zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums (SFAP) und findet in den betroffenen Sektoren bereits seit Anfang 2022 Anwendung. Sie definiert, welche wirtschaftlichen Aktivitäten als ökologisch nachhaltig gelten und ermöglicht es Investoren, ihre Kapitalflüsse entsprechend auszurichten. Die Umsetzung von Transparenzpflichten und Nachhaltigkeitsstandards betrifft dabei nicht nur den Erwerb und das Eigentum von Neubauten, sondern auch die Renovierung von Bestandsgebäuden sowie bestimmte Modernisierungsmaßnahmen.
Zwar hat die Taxonomieverordnung bislang keinen Verbindlichkeitscharakter und legt (noch) nicht fest, wie viele konforme Gebäude ein Fonds enthalten sollte, um insgesamt als nachhaltig zu gelten. Doch der Zeitplan zur Umsetzung nationaler und internationaler Regularien ist eng getaktet und dürfte in den kommenden Jahren weitere Neuerungen bereithalten.
Während das ESG-Rahmenwerk auch Soziales und verantwortungsvolle Unternehmensführung abdeckt, bezieht sich der Kriterienkatalog der EU-Taxonomie derzeit ausschließlich auf Aspekte umweltbezogener Nachhaltigkeit, wie beispielsweise den Energieverbrauch einer Immobilie. Mittlerweile hat eine Expertengruppe der EU jedoch bereits einen ersten Vorschlag für ein Regelwerk zur Klassifizierung sozial nachhaltiger Wirtschaftsaktivitäten veröffentlicht, der die Umwelttaxonomie perspektivisch ergänzen soll. Für Gewerbeimmobilien könnte hierbeispielsweise die Pflicht zur Einhaltung bestimmter Komfortstandards im Gebäude relevant werden.
Eine weitere wichtige Säule des „European Green Deal“ ist die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD). Sie ist im Jahr 2023 in Kraft getreten. Berichtspflichtige Unternehmen müssen demnach umfassende Pflichtangaben für ihre jährliche Nachhaltigkeitserklärung in einem Lagebericht veröffentlichen.
In Deutschland wird die Richtlinie durch Anpassungen des Handelsgesetzbuchs (HGB) umgesetzt. Der entsprechende Gesetzentwurf wurde im Juli 2024 vom Bundeskabinett beschlossen und wird voraussichtlich 2025 in Kraft treten. Demnach soll die neue Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland schrittweise umgesetzt werden:
Auch die Immobilienbranche erhält in den EU-Mitgliedstaaten durch die CSRD eine verstärkte Verpflichtung zur Transparenz. Ein intelligentes Datenmanagement wird vor diesem Hintergrund ein zentraler Erfolgsfaktor für jedes berichtspflichtige Immobilienunternehmen sein.
Ob Immobilienfondsgesellschaft, Projektentwickler, Asset- oder Property Manager - die gesamte Wertschöpfungskette der Immobilienwirtschaft ist von den aktuellen Entwicklungen unmittelbar bzw. mittelbar betroffen:
Wir von aedifion sehen Daten und deren Auswertung als wichtigen Baustein eines klimaneutralen Gebäudebestands. Unser ingenieurs- und informationstechnisches Expertenwissen richtet sich an Asset Manager und Eigentümer, die ihr Portfolio schnell und einfach dekarbonisieren wollen. Mit unserer KI-basierten Cloud-Plattform lassen sich Energieverbrauch, CO2-Emissionen und Betriebskosten von Gebäuden um bis zu 40 % senken. Darüber hinaus unterstützen wir bei der Erhebung von Nachhaltigkeitsdaten für das ESG-Reporting. Damit tragen wir zu einer nachhaltigen Wertsteigerung bei und machen Ihre Immobilie zukunftssicher.
Bitte beachten Sie: Unsere Recherchen und Einschätzungen fußen auf der aktuellen Gesetzeslage, stellen jedoch keine gültige Rechtsberatung dar.
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